Farbregen im Rostwald
Baumwollspinnerei Leipzig 2008
Veronika E. M. Blum, Skulptur
Albert Maria Pümpel, Malerei
Veronika E. M. Blum, Skulptur
Albert Maria Pümpel, Malerei
Malerei und Skulptur im Gespräch
Sechs Stahlplatten und fünf Stahlreifen entfächern vor unseren Augen eine „Liegende“. Auf einer Wiese ruhend, drückt sie sich in die Erde ein, um sich mit der Natur zu verbinden. Ihre gleichzeitige Leichtfüßigkeit und Variablität verrät Blums spielerischen Umgang mit dem schweren Material. Die vergnügten Gefährten der „Liegenden“, zwei Stahlplatten auf Rollen, sind ihre treuesten Begleiter; sie weichen niemals von ihr. Aber hier muss Venus nicht Amor bändigen: Die aus zwei gleichen Elementen bestehenden Amoren sind eindeutig Teile von ihr; Wesenszeichen, durch die sich die große Figur im Raum ausdehnt. Die „Liegende mit zwei Elementen“ pointiert Blums plastische Bestrebungen – die ausgewogene Balance von Rundungen und Geraden vermittelt einen ruhigen und zugleich bewegten Zustand. Darüber hinaus erhellt die Arbeit eine zeitliche Ambivalenz: Durch ihre Massigkeit im Boden verankert, verharrt die Plastik einerseits im Augenblick, aus dem sie sich andererseits durch die Rollen, dem Fortbewegungs-Merkmal schlechthin, und die gesonderten Begleiter wieder erhebt. Eisen rostet nicht nur, Eisen schwebt.
Blums Zauberwald aus Metall wird durch Pümpels Farbregen ergänzt, herausgefordert und verwandelt. Während die linear strukturierten und klar umrissenen Skulpturen eher einem Gleichmaß der Frührenaissance nahe stehen, weisen Pümpels farbdurchtränkte Bilder mit fließenden Übergängen und Helldunkelkontrasten eine barocke Nuancierung auf. Die gemeinsame Schau zeigt allerdings, dass sich die Reibungen der zwei Werkgruppen harmonisch einlösen.
Beide Künstler eint eine Vorliebe für Transparenz, die sie mit ihr bewusst entgegengesetzt gewählten Mitteln erzeugen: Während Blum trotz Holz und Stahl den Raum atmen lässt, erreicht Pümpel ungeachtet der Malschichten aus Eitempera, Öl, Kaffee und Schellack in seinen Bildern eine aquarellhafte Durchsichtigkeit.
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Ira Oppermann
2008